Album

Gulda meets Shostakovich

Zirkusmusik, Jazz ohne einen einzigen Jazz Akkord, Rock, Klassik,
Moderne und Barock – in einem Album!
Cover des Albums 'Gulda meets Shostakovich' von Friedrich Kleinhapl, Wiener Concert Verein, und Rudolf Piehlmayer. Das Bild zeigt einen Mann mit dunklen Haaren und Bart, der ein Cello in der Hand hält. Der Hintergrund ist blau, und der Albumtitel sowie die Namen der Künstler sind in beiger Schrift auf dem Bild zu sehen. Unten links befinden sich die Logos von 'Ars Produktion' und 'DSD Direct Stream Digital

Über das Album

Friedrich Gulda: Konzert für Cello und Blasorchester.  Es verletzt alle klassischen Konventionen, rast von einem Stil zum anderen – vom Pop Rock über die Klassik, die Moderne und das Barock bis zur Ausseer Dorfblasmusik. Als mich mein CD Label anfragte, ob ich dieses Konzert auf CD einspielen wolle, herrschte große Ratlosigkeit. Womit sollte man dieses Stück, das vollkommen einzigartig ist, kombinieren?

 

Wieder hatte meine Frau Maya die entscheidende Idee: Shostakovichs Jazz und Ballett Suiten. Ich kannte diese Seite des großen sowjetischen Symphonikers nicht. Zirkusmusik, Jazz ohne einen einzigen Jazz Akkord aber witzig und ironisch. Sie für die Besetzung des Gulda Konzerts zu bearbeiten erwies sich als großartiger Plan – hervorragend ausgeführt durch den Wiener Komponisten Alexander Wagendristel. Ein Programm wie geschaffen um auch Menschen,  die wenig Bezug zur Klassik haben, für das Cello zu begeistern – vor allem wenn man auch die Geschichte zu Gulda und Shostakovich dazu erzählt, wie ich es in Konzerten gerne tue.

Das ist doch purer Kitsch!

Als ich Guldas Konzert zu spielen begann erhielt ich einen Anruf. Ein Kollege. „Du spielst doch dieses Cellokonzert vom Gulda?! Bist Du Dir nicht zu gut diesen Sch… zu spielen? Das ist doch purer Kitsch!“ Die Aufregung war groß. Es dauerte sicher zwanzig Jahre bis es nun zum Allgemeingut des Konzertlebens wurde. Insofern fühle ich mich als kulturhistorischer Zeitzeuge.

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Besprechungen und Kritik

Coburger Tageblatt
Wie der Cellist Friedrich Kleinhapl Gulda und Schostakowitsch kombiniert

Der österreichische Cellist Friedrich Kleinhapl ist ein experimentierfreudiger Musiker. In seinen Konzerten und CD-Einspielungen widmet er sich mit Erfolg nicht nur dem klassisch-romantischen Repertoire von Beethoven bis Schubert und Brahms sowie der klassischen Moderne, sondern erkundet immer wieder zielstrebig auch Randbereiche des Repertoires. Komponierender Pianist Bestes Beispiel dafür ist seine aktuelle CD-Veröffentlichung. „Gulda meets Shostakovich“ – unter diesem Motto kombiniert Kleinhapl das Konzert für Cello und Blasorchester des komponierenden Pianisten Friedrich Gulda mit Suiten für Cello und Blasorchester, die nach Sätzen von Dmitri Schostakowitsch entstanden. Nuancenreicher Celloton Der bewusst provokant in Szene gesetzte Stil-Mix zwischen Rockmusik-Anklängen, Volksmusik-Zitaten und barockem Menuett-Gestus bescherte Friedrich Guldas Konzert für Cello undBlasorchester nach der Uraufführung 1981 im Wiener Konzerthaus reichlich polemische Kommentare.

Kleinhapl reizt diese Stilkontraste genussvoll aus und macht doch zugleich hörbar, dass Guldas Konzert längst ein Klassiker geworden ist – der Stachel der Provokation ist verschwunden, geblieben aber ist der Spaß am raffinierten Jonglieren mit den effektvoll kombinierten und gegeneinander ausgespielten Stilkontrasten. Mit wunderbar nuancenreichem Ton und technischer Leichtigkeit brilliert Kleinhapl in Guldas Konzert – vom Wiener Concert Verein unter Rudolf Piehlmayer jederzeit reaktionsschnell begleitet. Raffinierte Arrangements Kombiniert ist Guldas Konzert mit Sätzen aus Filmmusiken, Ballett-Suiten und Jazz-Suiten von Dmitri Schostakowitsch in raffinierten Arrangements für Cello und Blasorchester. Dass Schostakowitsch, von der offiziellen Kulturpolitik der UdSSR gefeiert wie gedemütigt und gemaßregelt, sehr häufig Musik gleichsam mit doppeltem Boden geschrieben hat, wird auch in diesen Arrangements von Alexander Wagendristel vollerWitz und Spielfreude hörbar. Friedrich Kleinhapl macht mit seinem Spiel aus jedem der Sätze eine facettenreiche Miniatur – stilsicher und voller faszinierender Details.
Stefan Pieper, Klassik Heute
Der etablierte Kulturbetrieb ist wenig subversiv. Das sehen wir an Friedrich Gulda, der sich ganz besonders von Einengungen des bürgerlichen Kulturlebens provoziert fühlte. Dimitri Schostakowitsch musste unter den repressiven Bedingungen in der Sowjetunion ganz andere Einschränkungen hinnehmen. Gemeinsam ist Beiden, dass sie gerade diese Umstände erst richtig produktiv machten. Solche Gedanken weckt eine neue bemerkenswerte Produktion mit dem Cellisten Friedrich Kleinhapl und dem Wiener Concert-Verein unter Leitung von Rudolf Piehlmayer.

Vor allem Guldas Konzert für Cello und Blasorchester dürfte für die meisten Musikfreunde eine Neuentdeckung sein: In fünf collagenhaften Sätzen erleben wir den Komponisten Gulda, wie dieser auf die Barrieren zwischen „U und E-Musik“ fröhlich eindrischt.Wie ein markiger Weckruf bringt Kleinhapls Cello mit seinem Eröffnungsmotiv das Orchester auf Touren. Es ist mit Schlagwerk verstärkt, um treibend drauflos zu swingen – auf dass die Notenblätter des Klassikbetriebs fröhlich durcheinander gewirbelt werden und die zeitgenössiche Journaille bei der Uraufführung Anfang der 1980er Jahre derart brüskiert war, dass von einem „musikalischen Furz“ die Rede war. Aber Gulda beherrscht die musikalischen Mittel viel zu elegant, als dass diese Formulierung heute noch gültig wäre. Er lässt den Jazz-Part in fliegendem Wechsel in ein Mozartsches Motiv münden, woraufhin die Jazzmaschine wieder Vollgas gibt, so das auch der in Würde ergraute Adorno erbleichen würde. Wunderbar, wie Gulda allen und jedem musikalisch hier die Nase drehen will. Hörner tröten zum alpenländischen Idyll zu Beginn des zweiten Satzes. Ist es Persiflage oder Liebeserklärung an die österreichische Heimat? Hier darf sich jeder frei fühlen, es selber für sich zu definieren. Ein virtuoser Parforceritt in einer Cellokadenz schließt sich an und fordert den Cellisten Kleinhapl heraus, zu zeigen, dass es Gulda bei aller Spaßhaftigkeit stets ums musikalisch Eingemachte geht. In einem schwelgerisch lyrischen Menuett gesellt sich eine Gitarre zum Violoncello, bevor sich alle miteinander in lärmenden Festzelt-Trubel stürzen – aber auch das ist wieder hohe Kunst, wenn sich Kleinhapls Cellospiel über allen musikalischen Tumult souverän und virtuos erhebt!

Wo es Gulda um sarkastische Befreiungsschläge von Genre-Konventionen ging, da begab sich Schostakowitsch vor allem des Broterwerbs wegen in die Unterhaltungsbranche – vor allem, wenn er für das neue Medium des Films komponierte. Dass dies mit Leidenschaft, Herzblut, hohem Gespür für Atmosphäre und Klangsinnlichkeit geschah, demonstrieren Kleinhapl und das Orchester aus Wien in der folgenden Suite für Violoncello und Blasorchester in einem Arrangement von Alexander Wagendristel. Walzer, Polka, sentimentale Romanzen, Foxtrott heißen diese Kabinettstückchen, die zwar definitiv kein Jazz sind, auch wenn sie expliziert „für Jazzorchester“ gesetzt sind, aber für imaginäre Traumsequenzen allemal gut sind und einen mal nicht allzu tiefschürfenden, sondern dafür sehr diesseitsgewandten Schostakowitsch offenbaren.

Diese Aussagekraft ist in erster Linie dem großartig präsenten, kraftvollen Cellospiel von Kleinhapl zu verdanken. Er bearbeitet die Saiten mit zupackendem Biss, schaltet blitzschnell zwischen Aggregatzuständen und Stimmungen um, lässt Farben leuchten und Emotionen lodern. Und kann in jedem Moment auf das hellwache, von Rudolf Piehlmayer dirigierte Orchester vertrauen.
Attila Csampai, Stereoplay
Großmeisterlicher Humor

Es war ein kalkulierter Tabubruch: das Konzert für Violoncello und Blasorchester von Friedrich Gulda. Um Konvention und Tradition scherte sich der Musiker einen feuchten Kehricht und vermengte munter das, was nach Meinung des Establishments nicht zusammengehört: U- und E-Musik, Genres und Stile jeglicher Couleur. Herausgekommen ist dabei ein wundersamer Mix, ein höchst vergnüglicher obendrein. Der Cellist Friedrich Kleinhapl spielt diese offensichtliche Provokation mit größter Lust, der Wiener Concert-Verein sekundiert mit ebensolcher. Famos!

Auch die für die Kombination Blasorchester und Cello arrangierten Stücke aus diversen Suiten Dmitri Schostakowitschs machen ungemein Laune. Fabelhaft! Der subversive Humor dieser Stücke und die Revoluzzerattitüde Guldas -diese „Begegnung zweier Großmeister des musikalischen Humors“, so Kleinhapl, macht Lust auf mehr. Grandios!
Ole Pflüger, Fono Forum
Auf den ersten Blick gibt es nicht viel, was Friedrich Gulda und Dmitri Schostakowitsch verbindet. Auf den zweiten Blick gibt es diese CD.

Sie offenbart verblüffende Ähnlichkeiten im Stil der beiden Komponisten: Guldas Cellokonzert zeichnet sich aus durch schmissige Rhythmen, schwelgende Melodien und Bierzelthumor. All das findet man auch in den Konzertsuiten von Schostakowitsch. Friedrich Kleinhapl spielt eine Auswahl von Sätzen aus der Ballettsuite, den Suiten für Jazzorchester und der Filmmusik zu „The Gadfly“, arrangiert für Cello und Blasorchester von Alexander Wagendristel.

Wie es seine Art ist, packt Kleinhapl die Musik hart an. Gleich in den ersten Takten von Guldas Konzert lässt er es krachen: Das Cello macht er vom Melodie-zum Perkussionsinstrument. Er schlägt den Rhythmus in die Saiten, dass die Tonhöhen kaum noch wahrnehmbar sind. Das Blasorchester des Wiener Concert Vereins tut es ihm nach. lm Stakkato knallen die Töne aus den Schalltrichtern von Trompeten und Posaunen; und um ehrlich zu sein, klingt das manchmal ein bisschen nach trockenem Husten oder stampfenden Schiffsmotoren. Der Groove, für den das Publikum Guldas Konzert so liebt, leidet darunter. Das könnte man kritisieren. Aber es war nun mal Guldas Art, die Erwartungen des Publikums zu enttäuschen und zu karikieren.

Kleinhapl gelingt es, diese Musik noch unkonventioneller zu spielen, als sie ohnehin schon ist. Mit der Musik von Schostakowitsch verfahrt er nicht anders: Oft bewegt er sich an der Grenze zwischen Albernheit und Sarkasmus, stets mit meisterhafter Kontrolle über den Bogen, mit dem er die Saiten streichelt, kitzelt und malträtiert.
Klangwelten

Soundbeispiele

Cover des Albums 'Gulda meets Shostakovich' von Friedrich Kleinhapl, Wiener Concert Verein, und Rudolf Piehlmayer. Das Bild zeigt einen Mann mit dunklen Haaren und Bart, der ein Cello in der Hand hält. Der Hintergrund ist blau, und der Albumtitel sowie die Namen der Künstler sind in beiger Schrift auf dem Bild zu sehen. Unten links befinden sich die Logos von 'Ars Produktion' und 'DSD Direct Stream Digital
F. Gulda Konz f. Cello u. Blasorchester 1. Satz Ouverture
Schostakowitsch Jazz Suite 1 2. Satz Polka f. Cello u. Blasorchester
Schostakowitsch Ballettsuite 2 Sentimental Romance f. Cello u. Blasorchester

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