Beethovens 4. und 5. Cellosonate – sie gelten als spröde und wenig zugänglich. Das Besondere an Ihnen: sie sind Beethovens einzigen relevanten Werke aus dem Jahr 1815 – die ersten seiner Spätphase.
Wieder gibt die Biografie interessante Hinweise. Beethoven ist davor in einer Krise. Sein Bruder war gestorben – Beethoven muss für den Unterhalt von dessen Familie aufkommen. Gleichzeitig ist seine Rente, die ihm von einigen Wiener Aristokraten ausgezahlt wird, infolge der napoleonischen Kriege auf einen Bruchteil ihres Werts geschrumpft. Beethoven benötigt Geld. Der Wiener Kongress bringt Abhilfe. Beethoven komponiert Wellingtons Sieg, zur Namensfeier u.a. – nicht seine größten Werke – doch sie bringen ihm Ruhm unter den versammelten Königen und Kaisern und reiche finanzielle Entlohnung. Künstlerisch befindet er sich jedoch am Tiefpunkt. Selbstmordgedanken quälen ihn. Und dann seine radikale Antwort – ein Sprung in die Zukunft – in der Fuge der fünften Sonate nahezu um hundert Jahre in die zweite Wiener Schule.
Eine radikale Interpretation ohne Glättungen und Beschönigungen ist aus unserer Sicht der naheliegendste Zugang. Und als Kontrast dazu nicht Beethovens Variationswerke sondern eine Bearbeitung seiner zehnten Violinsonate für Cello aus seiner ersten, der romantischen Phase.
New York – wir haben gerade einen Beethoven Abend gespielt und sind am Broadway auf dem nach Hause Weg. Plötzlich von hinten der Ruf: Mr Kleinhapl! Mr Kleinhapl! Wer soll mich hier rufen. Als wir uns umdrehen steht ein Herr vor uns. Er stellt sich als Kritiker der New York Times vor und fragt: „Wie kann es sein, dass man diese Sonaten – nachdem sie von jedem Cellisten 200 Jahre lang gespielt wurden – so neu und so anders spielt?“